Musik ohne Feuer

 

Das Tübinger Salonorchester „Die sprühenden Funken “ unterhielt sein Publikum auf charmante Weise

 

Was ist Musik ohne Feuer? Klingt widersinnig. Auf jeden Fall nicht das, was man vermutet: eine langweilige, ohne inneres Engagement gespielte Musik, bei der man einschläft. Was damit gemeint ist, wollten zahlreiche gerne wissen. Deshalb hatte das Tübinger Salonorchester Mühe, sich den Weg zum Podium im Seufzerwäldchen zu bahnen.

 

Heribert Feuerstein, Moderator und Posaunist, ließ mit der Antwort nicht lange auf sich warten. Nachdem sich die fetzige Truppe, die ein umfassenes Programm mit Unterhaltungsstücken und Tanzmusik aus den 20-er und 30-er Jahren quer durch die Welt  vorbereitet hatte, mit der „Juliska aus Budapest“ von Fred Astaire vorgestellt hatte, kam der Komponist Max Reger durch eine Anekdote zum Thema Feuer zu Wort:

 

Der rauchende Musiker, der einen Aschenbecher am eigenen häuslichen Flügel installiert hatte, wurde deswegen von einem Baseler Dirigenten bei einer Probe zurechtgewiesen. Reger  soll trocken entgegnet haben: „Das hätte ich mir doch gleich denken können, dass in Basel ohne Feuer musiziert wird.“

 

Auch die Tübinger verzichten aufs nikotinierte Feuer, legen aber umso mehr Wert aufs   pfeffrige Spiel. Alles Stücke haben sie selbst arrangiert und spielen sie ohne Dirigent. Man hört sofort, dass es hier keinen menschlichen Feuerstein braucht und einer den anderen mit seiner Spielfreude ansteckt. Alle Arrangements sind instrumentengerecht und abwechslungsreich und der Truppe auf den Leib geschrieben.

 

Im ersten Teil geht die Reise nach Venedig und Neapel. Es macht dem Orchester Spaß, mit der venezianischen Barcarole sowie Ständchen von Leoncavallo den Charme dieser Städte zu vermitteln und zum Träumen zu verführen. Dazu eine Geschichte vom Komponisten Eugene d’Albert: Dieser soll die ersten vier Hochzeitsreisen nach Venedig unternommen haben und bei der vierten gesagt haben, dass die nächste auch wieder dorthin führt. Worauf noch drei weitere in die Stadt erfolgten.

 

Von Venedig geht die Reise weiter über den großen Teich zur „Catfish-Bar“ und nach Asien mit „Kalkutta liegt am Ganges“. Zurück geht es an „Die schöne blaue Donau“. Hier wirken die Salonmusiker noch freier und spielen den Strauß-Walzer mit Genuss, als säßen sie im Wiener Prater vor herumflanierenden Besuchern. Bald aber beendet eine „Frische Brise“ diesen Aufenthalt und die Musiker müssen im „Sturmgalopp“ das Feld räumen, weil dicke Wolken aufziehen. Nachdem sich das Unwetter verzogen hat, zeigen sich die „sprühenden Funken“ von ihrer besten Seite und beschließen mit „Unter einem Regenschirm am Abend“ ihre Serenade im bekannten Wäldchen am Neckar.

 

© Hedda Seischab 2010

 

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